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Multispectral Imaging

Verborgene Hinweise auf einem Gemälde aus dem Deutschen Optischen Museum?

Im Zuge der Neukonzeption der Dauerausstellung des Deutschen Optischen Museums (D.O.M.) rückt aktuell die Erschließung und Digitalisierung des über 20.000 Objekte umfassenden Bestandes in den Fokus. Hierbei kooperiert das Museumsteam eng mit dem Digitalisierungszentrum der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek (ThULB) und verschiedenen Dienstleistern.

Der Kamerahersteller Phase One nahm nun ein Gemälde aus dem Bestand des D.O.M. mittels Multispektralfotografie auf. Das Gemälde datiert laut Unterlagen in das frühe 16. Jahrhundert und wird Jan Sanders van Hemessen zugeschrieben. Es zeigt eine Darstellung des Heiligen Hieronymus als Gelehrter an seinem Schreibpult. Eines seiner häufig abgebildeten Attribute, der Totenschädel, ist hier allerdings durch ein Brillenetui ersetzt, auf dem eine Klemmbrille erkennbar ist.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gemälde durch unsachgemäße Lagerung in einem Höhlenkomplex beschädigt. Bei der später vorgenommenen Restaurierung gingen Details verloren - insbesondere ist die Schrift auf einem gemalten Papier nicht mehr lesbar. Dies wirft verschiedene Forschungsfragen auf: Wurden neue Details auf eine ursprünglich andere Fassung des Gemäldes aufgebracht? Sind durch verschiedene Restaurierungsmaßnahmen Hinweise auf den Künstler verloren gegangen? Lassen vielleicht die verwendeten Farbpigmente Rückschlüsse auf die genauere Datierung des Bildes und die Zuordnung zu einem Künstler zu? Bei der Aufklärung dieser Fragen sollen nun die Multispektralaufnahmen helfen.

Für die Aufnahmen Mitte Juli 2019 stand ein PhaseOne-System mit einer 100 Megapixel-Digitalkamera und verschiedenen Lichtquellen (Multiband) zur Verfügung. Der Aufbau erfolgte im DigiZentrum der ThULB, die Untersuchung begleiteten Dr. Babett Forster und Gina Grond von der Kustodie der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Als Experten des Kameraherstellers waren Annette Keller und Yves Richter vor Ort. Das Multispektral-Kit befindet sich derzeit in der finalen Evaluierungsphase für einen seriellen Einsatz. Ziel ist ein automatisierter Aufnahmeprozess, mit z.B. automatischer Kalibrierung der Belichtung, Targeterkennung für Farbreferenzen und automatischer Größenanpassung.

Dokumentiert wurde die Multispektraluntersuchung des „Hieronymus“-Gemäldes aus dem D.O.M. auch vom Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). In den nächsten Wochen werden die Multispektralaufnahmen kunsthistorisch ausgewertet. Bereits jetzt sind aber weitere Details auf dem Gemälde erkennbar, die sich sonst unter Firnis- und in den Farbschichten verbergen. Über die Ergebnisse der Untersuchung wird das Team des Deutschen Optischen Museums auf seiner Website berichten.